E-ID Entwicklungen in Europa und Österreich

146. Themenforum, virtuell am 23. März 2021, 17 Uhr

Humorvoll leiteten Matthias Tschirf (Leiter der Präsidialsektion, BMDW) und Maria Ulmer (Chief Digital Officer, BMDW) die FIV-Veranstaltung zum Thema „Elektronische Identität“ (E-ID) ein und meinten unisono: E-Government-Prozesse werden künftig eine sehr große Rolle spielen – auch auf EU-Ebene. Nächster Schritt auf österreichischer Ebene sei die „ID Austria“, der Pilotprozess laufe bereits; es gelte die hohen Erwartungen der BürgerInnen zu erfüllen. Zudem soll das „digitale Amt“ in eine App umgewandelt werden – für Unternehmen gebe es das USP bereits seit 10 Jahren. Dennoch müsse es eine Balance zwischen Technik und Recht geben, so Ulmer, denn die Technik würde erst akzeptiert, wenn Rechtssicherheit herrsche.

Professor Krimmer, Experte für E-Governance und digitale Transformation, berichtete aus Estland – das Land sei im Bereich Digitalisierung „Europameister“. Bereits in den 90er-Jahren hatte es „ein sehr hohes IT-Budget“. Zudem hätte Estland einen „anderen Zugang zum Datenschutz“, so Krimmer, eine Signaturkarte für alle BürgerInnen sei verpflichtend und könne ab dem 16. Lebensjahr beantragt werden. „Digital First“ sei für die EstInnen wie „Mozart für Österreich“. Und Krimmer weiter: „Wir teilen Daten, wir wollen sie nicht verbinden“. Das digitale Service in Estland hätte zudem einen „Daten Tracker“, damit BürgerInnen sehen könnten, wie ihre eigenen Daten verarbeitet werden. Wichtig sei dabei, das Prinzip „ONCE ONLY“. Es bedeute, die einmalige Sammlung und Aufbewahrung von Daten. Eine weitere Möglichkeit sei laut Krimmer, dass die ID mit Merkmalen verknüpft werde, zum Beispiel, ob „ich fahrberechtigt bin“. Interessant sei außerdem, dass Estland 2017 den digitalen Euro vorausgesagt habe; heute arbeite die EZB an der Umsetzung.

Ulmer bedankte sich für den „Einblick in die digitale Seele“ der EstInnen und sagte: „Der Nutzen des Digitalen muss den Bürgerinnen und Bürgern nähergebracht werden“.

Im Anschluss führten Roland Ledinger, jahrelanger Experte im BMWD und jetziger Digitalisierungsbeauftragter für das Land Burgenland, und Peter Andre, der das Projekt im BMI federführend begleitet, die „E-ID“ in Österreich und deren Umsetzung aus. Laut Ledinger sei der Grundstein sowohl technisch und rechtlich bereits 2005 gesetzt worden – unabhängig vom technologischen Fortschritt. Anders als in Estland gebe es in Österreich ein „hohes Bedürfnis nach Datenschutz“. Ziel sei dennoch: Die natürliche und digitale ID zusammenzuführen, sprich „von Geburt an eine ID zu haben“. Andre betonte, dass es „Kernaufgabe des Staates“ sei, eine „sichere Identität“ anzubieten, die der Wirtschaft und Verwaltung zur Verfügung stehe. Eine Herausforderung aus Sicht des Innenministeriums sei aber die „Internet-Kriminalität“. Zudem müsse die Datenverarbeitung mit der Datenschutz-Grund-Verordnung (DSGVO) konform gehen; die BürgerInnen würden bestimmen, welche Daten abgefragt werden können. Die Nutzung der Daten liege in der Hand der ID-InhaberInnen, so Andre. Und weiter: In Österreich gebe es ein hohes Bedürfnis nach Privatsphäre. Was es derzeit bereits gebe, sei die Handy-Signatur mit rund 1,7 Millionen NutzerInnen – auf Basis der Bürgerkarte.

Eine gesetzliche Grundlage für die E-ID gebe es bereits seit 2017 – mit einer Novelle vom 1. Jänner 2021; der Pilotbetrieb laufe bereits in ausgewählten Ämtern, wie etwa im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld, in Linz und in fast allen Bezirksämtern in Wien. Derzeit gebe es bereits 230 digitale Services. Ziel: Es gelte Synergien zwischen Verwaltung, BürgerInnen und Wirtschaft zu schaffen, so Andre.

Ulmer nannte zum Schluss „Technologie-Neutralität“ als wichtigen Erfolgsfaktor; schließlich „kann man nicht jedes Mal ein neues Gesetz entwerfen“. Es folgte ein interessanter Austausch zwischen den virtuell anwesenden FIV-Mitgliedern, bei dem FIV-Präsident Erich Hechtner betonte, dass die Internet-Wahl in Estland zwar ein Treiber für Digitalisierung gewesen, diese aber in Österreich „noch weit entfernt“ sei. Und: Die „größte Angst“ bei Einführung der E-ID sei der „Diebstahl von Daten“, so Hechtner abschließend.

Alle Präsentationen der Vortragenden finden Sie im Mitgliederbereich.
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