162 Themenforum- Sicherheit und Resilienz in schwierigen Zeiten

 

Am 25. September 2024 stand im Stadtsenatssaal im Wiener Rathaus alles im Zeichen der Sicherheit. Der Generalstabschef des österreichischen Bundesheers Rudolf Striedingerpräsentierte im Gespräch mit FIV-Präsident Werner Trock eine umfassende Analyse zu aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen im In- und Ausland und gab praxisnahe Empfehlungen, wie diesen begegnet werden kann.

Ein Highlight des Abends erfolgte bereits vor dem offiziellen Beginn. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig kam extra von der parallel im Rathaus stattfindenden Gemeinderats-Sitzung zu uns, um die FIV-Mitglieder zu begrüßen. In der offiziellen Begrüßung ging Wiens Magistratsdirektor Dietmar Griebler dann auf die Bedeutung der Zusammenarbeit über Landesgrenzen ein. Gerade das Hochwasser hat gezeigt, wie wichtig es sei, dass man sich gezielt vorbereite und auch dass sich die handelnden Personen kennen und vertrauen. Netzwerke wie das FIV sind dabei ein wichtiger Bestandteil.

 

Zu Beginn des Gesprächs von Präsident Werner Trock mit Österreichs Generalstabchef ging es um die Begriffe „Sicherheit“ und „Resilienz“. Striedinger definierte Resilienz als die Fähigkeit einer Organisation, Krisen bestmöglich zu bewältigen. Dabei sei es entscheidend, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft schnellstmöglich den Normalzustand wiederherzustellen. Resilienz bedeutet laut Striedinger, Risiken zu erkennen und Strategien zu entwickeln, um ihnen entgegenzutreten. Hinsichtlich der Sicherheit betonte er, dass absolute Sicherheit nicht möglich sei, selbst bei umfassenden Vorbereitungen auf Katastrophen. Sicherheit sei immer eine Frage der Wahrscheinlichkeiten. Zudem hob er die Notwendigkeit hervor, zwischen tatsächlichen Bedrohungen und subjektiven Gefühlen der Gefährdung zu unterscheiden.

 

Auf die Frage, ob Österreich derzeit sicher sei, erklärte Striedinger den Unterschied zwischen innerer und äußerer Sicherheit. Österreich sei in Bezug auf die innere Sicherheit gut aufgestellt, was sich auch im erfolgreichen Umgang mit der jüngsten Hochwasserkatastrophe gezeigt habe. Trotz aller Vorkehrungen seien manche Bedrohungen, wie Naturkatastrophen, jedoch schwer vorhersehbar. Äußere Sicherheit hänge von vielen Faktoren ab, und aktuell sei Österreich mit einem hybriden Bedrohungsszenario konfrontiert, darunter Cyberangriffe, die darauf abzielen, Unruhe zu stiften und möglicherweise sogar Wahlergebnisse zu beeinflussen.

 

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine stelle laut Striedinger eine ernstzunehmende Bedrohung dar, insbesondere angesichts der mehrfachen nuklearen Drohungen seitens Russlands. Auch das mögliche Ausweiten russischer Aktivitäten auf das Baltikum sei nicht auszuschließen. Dennoch betonte er die Geschlossenheit der NATO-Staaten, die ihre Beistandsverpflichtungen sehr ernst nehmen.

 

Präsident Trock stellte die Frage, wie Österreich in diesem Kontext handeln könne. Striedinger erklärte, dass Österreichs Handlungen stets im Zusammenhang mit seiner Neutralität stünden. Der EU-Beitritt habe jedoch die Natur dieser Neutralität verändert, da Beschlüsse des Europäischen Rates Österreich die Möglichkeit geben, im Rahmen der EU zu handeln und somit auch die Ukraine zu unterstützen. Allerdings, so Striedinger, sei Österreichs Unterstützung politisch selektiv.

 

Angesprochen auf die Frage, ob ein Berufsheer in den aktuellen Zeiten sinnvoll sei, erklärte der Generalstabschef, dass eine reine Berufsarmee nicht in der Lage wäre, die notwendige Verteidigungsstärke zu gewährleisten. Er verwies darauf, dass viele Länder, darunter Deutschland und Schweden, den Wechsel zu einem Milizsystem in Erwägung ziehen oder bereits vollzogen haben. Berufssoldaten hätten zwar spezielle Fähigkeiten, jedoch sei das Milizsystem kosteneffizienter und für Österreich besser geeignet. Er sprach sich dafür aus, das österreichische System zu modernisieren und zu reformieren.

 

Zum Abschluss des Gesprächs gab Striedinger noch einige Führungstipps. Er betonte, dass Hierarchien nicht nur im Militär, sondern auch in der Verwaltung von Vorteil sein können. In Krisensituationen sei es entscheidend, Ruhe zu bewahren und sich nicht von Hektik leiten zu lassen. Zudem warnte er davor, sich jeden Tag voll zu verausgaben – wer ständig auf 100 Prozent arbeite, könne in Extremsituationen keine Leistungssteigerung mehr erzielen.

 

Das Gespräch fand bei einem abschließenden Austausch über Sicherheitsthemen bei Speis und Trank seinen Ausklang. Dienächste FIV-Veranstaltung wird nun am 16. Oktober der Clubabend mit ORF-Generaldirektor Roland Weißmann sein.

von Lona Weis