Seit ihrer Gründung im Jahr 1754 spielt die Diplomatische Akademie Wien (DA) eine zentrale Rolle in der Ausbildung von Persönlichkeiten für den diplomatischen Dienst. Ursprünglich unter Maria Theresia als „Orientalische Akademie“ ins Leben gerufen, wandelte sich die Institution im Laufe der Jahrhunderte: Vom Fokus auf den Orient zur „k.u.k. Konsularakademie“ bis hin zur heutigen „Diplomatischen Akademie“, die seit ihrer Wiedereröffnung 1964 auf Initiative des damaligen Außenministers Bruno Kreisky als moderne, international ausgerichtete Ausbildungsstätte agiert.
Am 20. November war das Forum für Innovative Verwaltung (FIV) zu Gast in den ehrwürdigen Räumlichkeiten der DA. Die Veranstaltung bot Gelegenheit, die bewegte Geschichte der Akademie und ihre bedeutende Rolle im internationalen Kontext kennenzulernen. Der Abend begann mit einer Begrüßung durch FIV-Vorstandsmitglied Edeltraud Glettler, die die historische Entwicklung der Diplomatischen Akademie nachzeichnete und dabei deren ungebrochene Relevanz hervorhob.
Dialog in Zeiten globaler Herausforderungen
In ihrer Ansprache betonte Glettler die Notwendigkeit des Dialogs in einer Welt, die von vielfältigen Krisen geprägt ist. Gesundheitskrisen, Klimawandel und wachsende soziale Ungleichheiten stellen die internationale Gemeinschaft vor immense Herausforderungen. Gerade in solchen Zeiten brauche es Menschen, die Verantwortung übernehmen und durch gemeinsames Handeln den Multilateralismus stärken. Diplomatie, so wurde hervorgehoben, sei ein „stilles Klopfen an der Tür des Friedens“, das einen entscheidenden Beitrag zur Lösung globaler Probleme leiste.
Die Diplomatische Akademie Wien schaffe hierfür den idealen Rahmen: Sie biete ambitionierten Studierenden nicht nur eine erstklassige akademische Ausbildung, sondern auch die Möglichkeit, interkulturelle Kompetenzen und Führungsfähigkeiten zu entwickeln. Damit wird sie zu einer Kaderschmiede für zukünftige Entscheidungsträger*innen, die weltweit Verantwortung übernehmen wollen.
Ein Blick in die Geschichte: Von der „Orientalischen Akademie“ zur internationalen Institution
In seinem Vortrag schilderte DA-Direktor Emil Brix die beeindruckende Entwicklung der Akademie. Gegründet im 18. Jahrhundert unter der Habsburgermonarchie, war die „Orientalische Akademie“ eine Reaktion auf die geopolitischen Herausforderungen jener Zeit. Ziel war es, Experten auszubilden, die das Osmanische Reich verstehen konnten. Türkisch, Persisch und Arabisch gehörten damals zu den zentralen Unterrichtsfächern, ergänzt durch eine fundierte Schulung in interkulturellem Dialog.
Mit der Zeit erweiterte sich das Konzept der Akademie. Sie wurde zur „k.u.k. Konsularakademie“ umbenannt und ihr Fächerangebot diversifiziert. Neben Diplomatie gehörten nun auch Chemie, Wirtschaft und sogar Fechten zum Lehrplan. Zudem öffnete sich die Akademie ab Ende des 19. Jahrhunderts auch für Frauen – ein bemerkenswerter Schritt für die damalige Zeit. Kooperationen mit anderen Hochschulen, wie etwa der Wirtschaftsuniversität Wien, trugen dazu bei, einen wirtschaftlichen Schwerpunkt zu etablieren.
Die politischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts stellten die Akademie vor große Herausforderungen. Während der NS-Zeit wurde sie zunächst weitergeführt, später jedoch geschlossen. In der Zweiten Republik musste Österreich zunächst ohne diese renommierte Institution auskommen, bis Bruno Kreisky 1964 die Wiedereröffnung unter dem heutigen Namen „Diplomatische Akademie“ initiierte.
Eine Akademie für die Welt
Seitdem hat sich die DA von einer rein österreichischen Ausbildungsstätte zu einer international ausgerichteten Institution entwickelt. Heute kommen Studierende aus aller Welt, um in Wien eine fundierte Ausbildung zu erhalten, die auf die aktuellen Anforderungen globaler Politik und Wirtschaft abgestimmt ist. Neben klassischem diplomatischenWissen legt die Akademie zunehmend Wert auf die Vermittlung von Soft Skills, Leadership-Kompetenzen und interdisziplinären Ansätzen.
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf neuen Studienprogrammen, die auf aktuelle Herausforderungen reagieren. So wurden beispielsweise Lehrgänge wie „Digital International Relations“ und „International Relations and Environmental Studies“ ins Leben gerufen. Diese innovativen Programme machen die DA zu einer Vorreiterin in der Ausbildung global agierender Fachkräfte.
Die Diplomatische Akademie kooperiert zudem mit renommierten Hochschulen weltweit und bietet Studierenden die Möglichkeit, Doppelabschlüsse zu erwerben. Solche internationalen Vernetzungen sind entscheidend, um den Ansprüchen einer zunehmend globalisierten Welt gerecht zu werden.
Finanzierung und gesellschaftliche Verantwortung
Die Finanzierung der DA bleibt eine Herausforderung, wie Emil Brix in seinem Vortrag erläuterte. Ein Drittel des Budgets stammt aus öffentlichen Mitteln, der Rest wird durch Spenden und Studiengebühren gedeckt. Um sicherzustellen, dass die besten Talente Zugang zur Ausbildung erhalten, vergibt die Akademie zahlreiche Stipendien. So profitieren etwa ein Drittel der Studierenden von einer finanzieller Unterstützung.
Neben ihrer Rolle als Ausbildungsstätte versteht sich die DA auch als Bühne für den öffentlichen Diskurs. Mit rund 200 Veranstaltungen pro Jahr zu aktuellen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen bietet sie eine Plattform für den Austausch von Ideen und Meinungen.
Ein inspirierender Abend mit Ausblick in die Zukunft
Nach dem Vortrag von Emil Brix diskutierten die Teilnehmenden über die Rolle der Diplomatie in einer sich wandelnden Welt. Der Abend bot nicht nur einen Einblick in die bewegte Geschichte der Diplomatischen Akademie, sondern auch in ihre visionäre Ausrichtung.
Die Diplomatische Akademie Wien steht heute für Tradition und Innovation gleichermaßen. Sie bildet Persönlichkeiten aus, die den Dialog suchen, Brücken bauen und Lösungen für globale Herausforderungen entwickeln – ganz im Sinne eines friedlichen und kooperativen Miteinanders.
von Lona Weis