Diesmal traf sich das FIV im Haus der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, hoch über dem ersten Wiener Gemeindebezirk, direkt bei der Staatsoper. In entspannter Atmosphäre eröffnete Präsident Werner Trock den Abend, erinnerte an die lange Tradition solcher Treffen bei der RLB OÖ und leitete über zu Mathias Vogl, der durch das Gespräch führte.
Als Gast des Abends begrüßte er Natalie Harsdorf, Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Harsdorf studierte Rechtswissenschaften in Wien und am College of Europe in Brügge und ist seit vielen Jahren in der Behörde tätig – unter anderem als Ermittlerin und Leiterin der Rechtsabteilung, bevor sie 2023 die Gesamtleitung übernahm.
Zu Beginn des Gesprächs stellte Vogl die Frage: Was ist Wettbewerb? Harsdorf beschrieb ihn nicht als Zustand, sondern als Prozess – ein „Entdeckungsverfahren“, wie es Friedrich von Hayek formulierte. Wettbewerb schaffe Innovation und begleite uns im Alltag, oft ohne dass wir es bewusst wahrnehmen.
Ein Blick in die Geschichte macht deutlich, wie jung das Wettbewerbsrecht in Österreich ist. In den USA wurde bereits 1890 mit dem Sherman Act eines der ersten Kartellgesetze eingeführt – als Reaktion auf übermächtige Monopole und zum Schutz der gesellschaftlichen Mitte. Österreich hingegen entwickelte erst Mitte der 2000er Jahre ein modernes Kartellrecht. Heute umfasst der Auftrag der Bundeswettbewerbsbehörde drei Hauptbereiche: die Bekämpfung von Kartellen, die Kontrolle marktbeherrschender Unternehmen und die Prüfung von Fusionen. Darüber hinaus versteht sich die Behörde als ökonomischer Think Tank.
Ein Schwerpunkt des Abends lag auf den Energiepreisen. Harsdorf erläuterte, wie stark Energie die gesamte Wertschöpfungskette beeinflusst. Österreichs Marktstruktur sei in diesem Bereich besonders herausfordernd: Landesversorger mit hohen Marktanteilen und eine niedrige Wechselbereitschaft der Konsumenten erschwerten lebendigen Wettbewerb.
Auch beim Thema Lebensmittelpreise zeigte sie die Komplexität der Märkte auf. Je nach Produkt verschieben sich Machtverhältnisse entlang der Kette – manchmal bei Produzenten, häufiger aber beim Handel. Trotz des gemeinsamen EU-Binnenmarkts gebe es deutliche Preisunterschiede, die bis zur EU-Kommission wahrgenommen werden. Der sogenannte „Österreich-Aufschlag“ verunsichert das Vertrauen der Konsumenten in den Binnenmarkt. Das Funktionieren der Märkte hat insgesamt auch eine demokratiepolitische Dimension, es geht um das Vertrauen in die freie Marktwirtschaft.“
Zum Abschluss rückte Harsdorf die besondere Rolle der Wettbewerbsbehörde in den Fokus. Sie verfüge über Instrumente, die über jene einer klassischen Ermittlungsstelle hinausgehen – von Marktanalysen bis zur direkten Einleitung von Verfahren. Gerade diese Eigenständigkeit ermögliche ein frühzeitiges Eingreifen. Von zentraler Bedeutung seien präventive Programme, die Unternehmen sensibilisieren und Gemeinden in Aufklärungsarbeit einbinden. Ziel sei nicht nur das Ahnden von Verstößen, sondern das Bewahren fairer Marktbedingungen.
Im Anschluss an das Gespräch nutzten viele Gäste die Gelegenheit für Fragen und persönlichen Austausch – ein Abend, der zum Nachdenken über wirtschaftliche Regeln und Verantwortung anregte.
von Lona Weis




